Genie IIs - Erfahrungsbericht von Gerald Schröder aus Club80 Heft 9 Wie wohl inzwischen ein großer Teil von Euch mitbekommen hat habe ich dauernd mit technischen Mängeln an meinem Genie I gekämpft. Der letzte Stand stellte sich so dar: die Laufwerke konnten sich nicht auf eine einheitliche Spurhaltung einigen und ein Wackelkontakt an der Video-Platine verwandelte den Bildschirm in ein Trümmerfeld aller möglichen Grafikzeichen, wobei nur ein kräftiger Schlag auf das Gehäuse Abhilfe schaffte. Entnervt beschloß ich gemeinsam mit meinem elterlichen Geldgeber, die gesammelten Neuheiten der Technik in Form eines Genie IIs zu erwerben. Glücklicherweise fand sich ein Händler in der Nähe (nur ca. 60 km entfernt!, der uns bei einer Besichtigung der Anlage diese gleich andrehte. Für vier Riesen durften wir einen Computer mit zwei eingebauten Slim Line-Laufwerken je 80 Track DS/DD und einen Taxan-Monitor mitnehmen. Zum Aufbau müssen nur die separate Tastatur und der Monitor an das massive (und dementsprechend schwere) Metallgehäuse angeschlossen werden. Die Anschlüsse sind absolut narrensicher, nur die Kabel leider nicht. Das Tastaturkabel gehört zur Gattung der Flachkabel und ist dementsprechend unflexibel. Die Länge des Kabel eröffnet drei Möglichkeiten, die Tastatur hinter das Hauptgehäuse zu steilen, genau davor oder etwas rechts versetzt. Die erste Möglichkeit scheidet aus, und die beiden anderen sollte man auch vergessen, denn die Laufwerke liegen (im wahrsten Sinne des Wortes) auch rechts und damit ist das Laufwerk 0 mit davorstehender Tastatur nicht mehr erreichbar. Also das Kabel dehnen so weit es geht und die Tastatur nach links. Aber wir haben ja noch ein Kabel - das vom Monitor zum Computer. Die Verbindung am Computer rechtfertigt den Slogan des Herstellers TCS: "Made in Germany” <=> Qualität, doch die andere Seite ist noch original Hongkong-made, was wohl erklärt, warum erst das dritte (!!) Kabel nicht auseinanderfiel. Allerdings erklärt es nicht die laschen Qualitätskontrollen (von denen später noch die Rede seien wird). Fertig angeschlossen bietet sich ein tolles Bild: eine große, halbwegs flache Tastatur, ein wuchtiges Hauptgehäuse und ein flimmerfreier Bildschirm (Video-Ausgang verbessert); dazu der Sound eines leicht rauschenden Lüfters und der leise ratternden Laufwerke. Doch der Schein trügt etwas: die Tastatur erfüllt nicht alle Erwartungen. Quantität ging vor Qualität. Sehr schön die Zusatztasten: zwei Funktionstasten ergeben in Verbindung mit den Ziffern im abgesetzten Ziffernblock (leider ohne zweite Enter-Taste) sechzehn Funktionen. Reset wird über zwei gleichzeitig zu betätigende Tasten gegeben, die Umlaute sind gut erreichbar, im Gegensatz zu den Cursortaster, zur Horizontalsteuerung im Ziffernblock. Die Qualität läßt zu wünschen übrig: ähnlich dem C64 “schwimmen“ die Tasten etwas wie in Gummi, außerdem habe ich (subjektiv) den Eindruck, als wenn sie "haken": die alte Genie-Tastatur war tip-freundlicher. Eine Sondertaste fehlt noch in der Aufzählung: die “LSP“-Taste (steht wohl für Lower - SPeed), neben der rechten Shift-Taste. Sie rastet ein wenn man sie drückt und schaltet damit die Geschwindigkeit des Prozessors von 6 auf 1.77 Mhz zurück. Damit habe ich auch einen Hauptpunkt angesprochen, der dieses Gerät so attraktiv macht: die Geschwindigkeit. Scripsit ist unter "Höchstgeschwindigkeit“ fast nicht benutzbar. Der Cursor springt nur so über den Bildschirm und ein einzelner Buchstabe kann kaum getippt werden. Also muß man sich umgewöhnen: schreiben mit 1.77 Mhz und alle zeitraubenden Aktionen (Replace, Blättern) mit 6 Mhz . Selbst die Diskettenoperationen laufen etwas schneller ab, obwohl die Laufwerke natürlich hemmend wirken. Offensichtlich ist die hohe Geschwindigkeit vor allem im Basic. Spiele erreichen leicht die Qualität der in Maschinensprache geschriebenen. Nur eines vermisste ich sofort: den Sound. Kein Tongenerator lenkt vom "ernsthaften Arbeiten" ab. Vielleicht läßt sich der Ton über einen extern anschließbaren Recorder oder Lautsprecher ausgeben, aber dokumentiert ist diese Möglichkeit nicht. Natürlich reicht die hohe Geschwindigkeit nicht aus diesen Computer zu rechtfertigen. Also Punkt zwei: TCS ist einfach unserem Hardware-Zirkel unter Leitung von Walter Zwickel zuvor- gekommen und hat das Steckkarten-System benutzt. Nach Öffnung des Gehäuses ist eine gähnende Leere sichtbar. In meinem Gerät sind noch fünf der zehn Steck- plätze frei (Grundgerät ohne Floppy-Controller hat 6 freie Plätze). Bis jetzt bietet TCS folgende Steckkarten an: Grafikkarte (80x24 Zeichen. 480X192 Funkte), SIO/PIO-Karte (zwei serielle und zwei parallele Schnittstellen), RAM-Karte (192 KB. höchste Speicherkapazität 832 KB), Host-Karte (zwei Harddisks anschließbar), ROM-Karte (Erweiterung des ROM auf bis zu 4x32 KB). Außerdem kann die Taktfrequenz auf 8 MHz erhöbt werden. Übrigens: wer sich so etwas lieber selbst zusammenlöten möchte dem empfehle ich die Technische Beschreibung zum Genie IIs (39DM von Trommeschläger). Dort sind alle Platinen mit Bauteilen etc. auf ca. 100 Seiten (für mein Laienauge) ziemlich genau beschrieben. Wie versprochen möchte ich noch einmal auf die Qualität eingehen. Natürlich wollte ich meinen Drucker nicht ungenutzt rumstehen lassen. Also besorgte ich mir ein Druckerkabel zum Preis von 95 DM bei meinem Händler (Materialkosten bei Conrad-electronic unter 50DM). Doch mein Drucker druckte nur Müll aus und so schickte ich das Ding zurück. Das zweite Kabel verschwand angeblich auf dem Postweg, aber das dritte lief wenigstens, allerdings nur mit 7 Bit. Nun kam ich darauf den Ausgang am Computer durchzurufen. Und siehe da: statt den versprochenen 8 kamen nur 7 Bit heraus. Ich kann noch nicht sagen, was das zu bedeuten hat, aber ich werde TCS einen netten Brief schreiben müssen. Nun will ich zum letzten Punkt kommen: der Software. In einem Zusatz-ROM befindet sich im Genie IIs ein tolles Software-Paket: Monitor, Texteditor und Assembler und ein kleiner Disassemblier. Nach Aufruf wird dieses Paket in den oberen Bereich des Speichers gelegt. Allerdings fehlen hier die Diskettenbefehle, so dass ein Zusatzprogramm auf der mitgelieferten Systemdiskette zu finden ist, das diese beinhaltet. Doch dieses Super-Paket löst sich mit zunehmender Arbeitsdauer in Luft auf. Angeblich können Programme bearbeitet werden, die in den Bereich 5300-D000H laden. Doch auch bei Programmen, die diese Grenzen nicht erreichen, hängt sich der Monitor auf. Außerdem scheint der Assembler etwas gegen Source-Codes zu haben, die über ein NOP hinausgehen. Sind beim Start des Programmpakets noch andere DOS-Hilfsprogramme im Speicher, kann man herrliche Effekte erzeugen ("blindes" Eingeben von Filenamen ohne Cursor, toll für die Password-Freaks), von denen nichts im Handbuch steht. Dieses Handbuch (besser gesagt deren zwei, für DOS und Basic) ist auch so ’ne Sache, natürlich auch die Technische Beschreibung. Angeblich können Controller und Laufwerke alles lesen, von 35/SD/SS bis 80/DD/DS, aber es ist mir mit keiner der angegebenen PDrive-Einstellungen gelungen 40/SD/SS zu lesen. Auch die beschriebenen Prozeduren zum Booten von 40er-Disketten sind absolut wirkungslos. Das DOS-Handbuch weiß außerdem nur in einem Vorspann über das mitgelieferte GDOS 2.4 zu berichten, welches angeblich für alle Genie-Rechner geeignet ist. Das Handbuch selbst hört beim G-DOS 3.0b für den Speedmaster auf. Die letzte Auflage fehlt scheinbar noch. Dafür werden einige neue Programme vorgestellt: z.B. zwei Grafikpakete für hochauflösende Grafik bei Genie IIs und IIIs. Oder FKEY24, ein Programm, das sich selbst nach HIMEM verschiebt und neben Druckertreiber einen Bildschirmeditor zur Verfügung stellt, der allerdings nicht sehr komfortabel ist - dafür aber im DOS, im Basic und in allen Programmen ohne eigene Eingabe-Routine zur Verfügung steht (da sollte sich Arnulf mit seinem HDOS noch mal hinter klemmen). Andere Programme unterstützen den zusätzlichen Speicher (falls vorhanden) und die Funktionstasten (sehr einfach programmierbar). Bildschirm- und Tastatur- Treiber wurden abgeändert (steht da jedenfalls). Und scheinbar auch das Mini-Superzap, hier DDE (Disk Daten Editor) genannt, denn es läuft nicht mehr. Im Modifiziermodus hängt es sich auf (wie vieles auf dieser Diskette). Dann ist da natürlich noch die Kompatibilität: Im Basic geht es noch, obwohl Dancing Demon einige komische Sachen macht. Aber mit Assembler-Programmen sieht es schlimm aus. Auf dem Genie I vollkommen lauffähige Programme müssen über das Level II-Basic gestartet werden und die Abspeicherung von Highscores klappt auch nicht immer. Aber zum Laufen bekommen habe ich bis jetzt alle, wenn auch mit Komforteinbußen. Nur alles Bootbare kann ich vergessen. Fazit: Trotz aller negativen Punkte möchte ich nicht zu meinem alten Genie I zurückkehren. Das flimmerfreie Bild, die Umlaut- und Funktionstasten, der Bildschirmeditor, die 1.4 Megabyte Diskettenspeicher (mit den alten SD/SS- Disketten!) und die Erweiterungsmöglichkeiten ohne das finger- und nervtötende Löten überzeugen mich von dem System. Ab und zu vermisse ich die Töne, aber die kann ich auch selbst machen, und schließlich war die Geräuschkulisse oft nervtötend. Außerdem: wer möchte nicht Intruders mit 6 Mhz Spielen. So schnell bin ich noch nie gestorben.